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Therapie für Alle

In den letzten 3,5 Jahren habe ich ungefähr 120 Stunden nur über mich gesprochen. Nicht in einem Anflug von Narzissumus, sondern mit meiner Therapeutin. Ohne diese Unterstützung wüsste ich nicht, wo ich mich heute wieder finden würde, wenn überhaupt. Es war für mich damals tatsächlich die letzte Option - ohne dafür eine Diagnose oder Bestätigung vom Arzt zu haben. Aber ich hielt mich selbst nicht mehr aus und die Person im Spiegel war mir mein Leben lang fremd. Ich wusste nicht, wer ich war. Von Außen sah immer alles ganz "normal" aus. Ich bin eben jung Mutter geworden, bin von Wien nach Italien gezogen. Mehrmals. Mein Sohn hat dort alle 4 Jahre der Volksschule besucht und ich habe meine Ausbildung in Schnittdesign und Schneiderei gemacht. Muss wirklich toll ausgesehen haben von Außen. Am Meer leben, einfach Staaten zu wechseln, dem Sohn diese Möglichkeiten zu bieten. Das waren aber nie mutige Akte von mir, sondern Weglaufen vor der Realität, die ich mir immer wieder neu geschaffen habe. Und diesen Teufelskreis zu durchbrechen war schwierig, aber Dank der Möglichkeit der Therapie, bin ich heute eine gesunde Person mit Traumata-Erfahrung. Und endlich auch die Mutter, die ich immer sein wollte und sollte.

Die Therapie hat mich bis zum heutigen Tage nichts gekostet. Nicht einen Cent. Jedem Menschen in Österreich steht ein Pensum von bis zu 160 Stunden (ca. 4 Jahre) an Psychotherapie zu, die er konsumieren darf, wenn in den ersten Stunden eine psychische Erkrankung oder krankheitsmäßige Störung erkannt wird. Und es liegt wahrscheinlich etwas vor, wenn man Hilfe sucht.

Die Stundenanzahl ist unabhängig von Vollübernahme oder auch Teil-Refundierung der Kosten. Vollübernahme bedeutet, dass die Krankenkasse alles bezahlt. Teil-Refundierung bedeutet, dass man die Honorarnote  einreicht und 28€-40€ pro Sitzung abhängig von der Krankenkasse erstattet bekommt.

Wieviel eine Stunde tatsächlich kostet hängt von den Therapeuten selbst ab. Das kann variieren. Mit 90€ die Stunde sollte man auf jeden Fall rechnen.

Hier der Link zu Kostenübernahme/refundierung mit allen Infos dazu: Finanzierung- WLP

 

Natürlich gibt es noch die Option der Privatversicherung. Inzwischen gibt es Versicherungen, die hier die Kosten übernehmen. Das wird sehr wahrscheinlich auch für mich zukünftig eine Option werden.

 

Wie habe ich meine Therapeutin gefunden?

Ich habe einfach gegooglet und bin dann auf folgende Seite gestoßen: https://www.psyonline.at/

Hier kann man spezifisch nach Standort oder Fachgebiet suchen. In der Suchoption nach freien Plätzen, gibt es auch die Möglichkeit gezielt nach Krankenkassenplätzen zu suchen für alle, die dies dringend brauchen. Aber zu bedenken ist, das kann auch eine längere Wartezeit bedeuten. Die Betonung liegt auf kann. Ich kann wirklich nur raten, einfach zu schreiben oder anzurufen. Das löst bei einem selbst schon etwas aus.

Ich fand meine Therapeutin am Foto schon sehr sympathisch und habe sie per Mail angeschrieben. Kurze Zeit später bekam ich einen Anruf und wurde zu einem Kennenlerngespräch eingeladen. Seitdem haben wir jährlich neue Stunden angefordert. Es hat für mich auch gepasst. Obwohl ich das Ganze am Anfang kritisch gesehen hab. Ich ging ja mit einem Thema hin und dann sind es doch so viele Kindheitsthemen. Das war mir damals absolut nicht bewusst. Ich war der Meinung meine Probleme begannen mit der Jugend. Auch damals war ich in Therapie für kurze Zeit. Ich bin nicht geblieben. Gut, dass es heute funktioniert hat.

Therapie ist für jeden gut. Wir alle haben andauernd Krisen zu meistern. Es muss nichts aus der Kindheit sein, das unser Leben durcheinander bringt. Es kann der Alltag sein, angelernte Muster, die uns heute nicht mehr nützlich sind oder Trennungen und Verluste. Jeder ist betroffen und jedem kann geholfen werden. Vielleicht reicht bei einem ein Seminar, der andere beginnt mit Yoga und Meditation und die dritte geht sogar zwei Mal die Woche in Therapie, weil sie aktuell mit dem Druck auf der Uni nicht klar kommt. Was ich damit sagen will ist, was belastet ist nicht mess- oder vergleichbar mit anderen Personen. Was den einen belstatte, ist für den anderen ganz einfach und nicht einmal bewusst. Ich habe den Fehler gemacht lange auch zu glauben, dass meine Probleme zu klein wären, um diese auch wirklich besprechen "zu dürfen". Absurd, aber wahr. Also einmal tief einatmen, Luft anhalten und beim Ausatmen einfach dieses Gefühl gehen lassen. Jedes Gefühl ist es wert gehört zu werden. Vor allem von einem selbst!

- nicht das Ende -