...und was nach der Geburt passiert.

Umso mehr ich vor Instagram sitze, umso mehr hinterfrage ich den Beruf der Influencer und Influencerinnen. Nicht im Sinne von, dass er weg gehört. Ich frage mich aber, warum darf dieser so frei ausgeführt werden. Ohne jegliche Reglementierung? Menschen tappen in dieses Business und fassen Fuß und dann? Dann passt alles gut, so lange man alleine ist. Hat man einen Partner wird dieser eventuell sagen, dass er nicht Teil dieses Projekts sein will und gerne seine Privatsspähre schützen möchte. Als erwachsener Mensch akzeptiert man das und führt sein öffentliches Leben so weiter wie bisher. Aber dann kommt irgendwann ein Kind. Und dieses Kind wird bereits vor seiner Geburt zu einem kleinen Medienspektakel. Der schwangere Bauch wird präsentiert in Umstandsmode, die dann auch gleich beworben wird. Das passt auch! Der Mensch hat angeborene Rechte, sobald er den Mutterleib verlassen hat. Ab diesem Zeitpunkt greift bei diesem besonders schützenswerten Wesen unter anderem das Recht auf Privatsspähre.
Und es hat das Recht auf die volle Aufmerksamkeit seiner Mutter. Es wird nie wieder in dieser exenstenziellen Abhängigkeit zu seiner Mutter stehen wie jetzt (wir sprechen hier von gesunden Mutter-Kind Beziehungen).
Und genau hier sehe ich dann ein riesengroßes Fragezeichen. Denn im Gegensatz zum Partner kann das Kind nicht sagen, dass es keinen Bock darauf hat in der Öffentlichkeit zu stehen oder oft ein Handy im Sichtfeld zu haben. Es begreift nicht einmal, was Öffentlichkeit bedeutet. Auch kein 10jähriges Kind versteht die Konsequenzen. Und genau das ist der springende Punkt. Wir sprechen hier nicht von berühmten Persönlichkeiten und deren Kindern, die täglich von Paparazzi verfolgt werden. Wir sprechen hier von Menschen, die bewusst ihre Kinder in ihrem Business präsentieren.

Es stellt sich für mich nicht die Frage die Schuldigen rauszupicken und sie mit Hasspostings als "schlechte" Eltern zu bezeichnen. Für mich geht es um Aufklärung. Welche Folgen hat das für mein Kind und unsere Eltern-Kind-Beziehung?
Ich bin keine Psychologin, ich bin Mutter. Und ich weiß, wie es ist, wenn man als Erwachsener lernen muss, Grenzen zu setzen. Auch wenn es bei mir nicht daher rührt, dass meine Eltern Influencer sind. Und was ich auch sehr gut weiß ist, wie es ist, sich andauernd schuldig zu fühlen, weil man dem Kind nicht die Aufmerksamkeit geschenkt hat, die man ihm jetzt geben würde. Bringt natürlich genau gar nichts. Heute ist heute. Mir hilft hier manchmal zu denken, dass zu jedem Zeitpunkt immer mein Bestes versucht habe.
Außerdem bin ich mir sicher, dass jeder gerne erleben will, wie sein Kind in seiner Rolle als eigene Identität aufgeht. Das wird schwierig, wenn man die eigene Identität dem Kind überstülpt. Und das passiert leicht, wenn die Kinder von Tag 1 in das eigene Business einbezogen werden. Und das schiebe ich bei manchen auf Unwissenheit. Und die Auswirkungen auf das Kind können massiv sein.

Ein Kind kann seine eigenen Grenzen nicht definieren und bekommt auch aufgezeigt, dass diese von dem Influencer-Elternteil stetig überschritten werden. Die Grenzen der Mutter bleiben die Grenzen des Kindes. Wann beginnt das Kind, dann sein eigenes Ich, sein eigenes Selbstbild zu entwickeln? Das sind ganz normale Fragen, die sich hier stellen.
Das kann von "harmlosen" rot-werden bis hin zu einer Persönlichkeitsstörung führen. Und beides kann furchtbar für die Betroffenen sein. Und die indirekten Betroffenen sind hier die Eltern, die ihrer Verantwortung das Kind zu schützen nicht nachgekommen sind. So wie man dem Kind einen Schal zum Schutz vor einer Erkältung umlegt, muss man ihm auch den Schal der elterlichen Sichherheit sanft auf die Schultern legen.
- nicht das Ende -